Trainierst du in der Schwangerschaft zu viel? Warum der Mythos vom 'harten Beckenboden' dich völlig in die Irre führt!
Viele werdende Mütter hören den Rat: "Du solltest weniger trainieren, sonst wird dein Beckenboden zu hart und das erschwert die Geburt." Doch was steckt wirklich hinter dieser Aussage? In diesem Artikel beleuchten wir die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und räumen mit dem Mythos auf, dass Sport in der Schwangerschaft mehr Schaden als Nutzen bringt.
Der Beckenboden und seine Rolle in der Schwangerschaft
Der Beckenboden ist ein komplexes Netz aus Muskeln und Bindegewebe, das den Unterbauch stützt und in der Schwangerschaft zusätzlich belastet wird. Ein starker Beckenboden kann tatsächlich von Vorteil sein, da er die wachsende Gebärmutter stützt und Inkontinenz vorbeugt. Aber ist es möglich, ihn durch zu viel Training „zu hart“ oder „zu stark“ zu machen?
Wissenschaftliche Studien zu Sport in der Schwangerschaft
Zahlreiche Studien haben sich in den letzten Jahren mit den Auswirkungen von Bewegung und Krafttraining während der Schwangerschaft befasst:
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Vorteile von moderatem Training: Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 im British Journal of Sports Medicine zeigt, dass regelmäßige, moderate Bewegung das Risiko für Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und übermäßige Gewichtszunahme reduziert.
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Krafttraining und Beckenboden: Untersuchungen aus dem American Journal of Obstetrics and Gynecology (2020) zeigen, dass Krafttraining – auch für den Beckenboden – nicht zu einer übermäßigen Verspannung oder Verhärtung führt, sondern vielmehr die Muskelkontrolle und -entspannung verbessert. Das heißt, ein trainierter Beckenboden kann sogar bei der Geburt helfen, indem er sich besser an die physischen Anforderungen anpasst.
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Training erleichtert die Geburt: Eine Studie von 2018 fand heraus, dass sportlich aktive Frauen häufig kürzere Geburten und weniger Bedarf an interventionsreichen Entbindungen haben. Der Schlüssel liegt darin, ein ausgewogenes Training zu wählen, das sowohl Stärkung als auch Entspannung fördert.
Der Mythos vom „harten Beckenboden“
Der Mythos, dass zu viel Training den Beckenboden „hart“ macht und die Geburt erschwert, basiert auf einem Missverständnis der Physiologie. Während der Schwangerschaft werden Hormone wie Relaxin freigesetzt, die die Gelenke und Muskeln weicher und flexibler machen, um den Körper auf die Geburt vorzubereiten. Ein trainierter Beckenboden kann besser auf diese hormonellen Veränderungen reagieren, weil er sowohl stark als auch flexibel ist. Es geht also nicht darum, dass der Beckenboden "hart" wird, sondern dass er seine Fähigkeit zur Entspannung und Kontraktion optimiert.
Empfehlung für schwangere Frauen
Sport und Bewegung sind während der Schwangerschaft nicht nur erlaubt, sondern sogar ausdrücklich empfohlen – natürlich immer in Absprache mit einem Arzt oder einer Hebamme. Frauen, die sportlich aktiv sind, sollten besonders darauf achten:
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Moderates Training wählen: 150 Minuten moderate Aktivität pro Woche, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen.
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Krafttraining mit Fokus auf die Atmung und Entspannung: Besonders Übungen, die den Beckenboden trainieren, sollten in Kombination mit Atemtechniken erfolgen, um die Entspannungsfähigkeit zu fördern.
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Spezielle Beckenbodentrainingseinheiten einbauen: Es ist wichtig, den Beckenboden nicht nur zu kräftigen, sondern auch zu lernen, ihn bewusst zu entspannen. Das Training sollte sowohl Spannungs- als auch Entspannungsphasen beinhalten.
Für ein gezieltes und fundiertes Training rund um den Beckenboden und die körperlichen Veränderungen während der Schwangerschaft empfehlen wir dir die Zusammenarbeit mit erfahrenen Coaches, die sich auf prä- und postnatales Training spezialisiert haben. Eine ausgezeichnete Ansprechpartnerin hierfür ist Steffi Burmeister, die mit ihrem ganzheitlichen Ansatz Frauen durch alle Phasen der Schwangerschaft unterstützt und dir dabei hilft, stark und selbstbewusst zu bleiben.
Standardhinweise für Schwangere
Dieser Artikel richtet sich an gesunde Frauen mit einer komplikationslosen Schwangerschaft. Solltest du eine Hochrisikoschwangerschaft oder spezifische medizinische Bedingungen haben (z. B. Bluthochdruck, vorzeitige Wehen oder Plazentaprobleme), konsultiere unbedingt deinen behandelnden Arzt oder deine Hebamme, bevor du mit einem neuen Trainingsprogramm beginnst.
Bei ungewöhnlichen Symptomen wie starken Schmerzen, Blutungen, Schwindel oder Atemnot während des Trainings, brich das Training sofort ab und suche umgehend medizinischen Rat.
An wen solltest du dich wenden?
- Gynäkologe oder Gynäkologin: Dein erster Ansprechpartner, wenn es um die Gesundheit während der Schwangerschaft geht.
- Hebamme: Sie kann dir wertvolle Tipps zu einem schonenden und effektiven Beckenbodentraining geben und steht dir bei Fragen zur körperlichen Aktivität zur Seite.
- Physiotherapeuten, spezialisiert auf den Beckenboden: Falls du spezifische Fragen oder Probleme in Bezug auf den Beckenboden hast, kann dir ein Physiotherapeut oder eine Physiotherapeutin mit Spezialisierung auf Beckenbodentraining gezielte Unterstützung bieten. Auch sind Prä- und PostnataltrainerInnen hier oft tolle AnsprechparterInnen und verfügen über viel praktisches und theoretisches Wissen.
Fazit
Der Mythos, dass zu viel Training in der Schwangerschaft den Beckenboden verhärtet und die Geburt erschwert, ist nicht haltbar.
Tatsächlich zeigen aktuelle wissenschaftliche Studien, dass regelmäßiges, moderates Training – einschließlich Beckenbodentraining – eine gesunde Schwangerschaft fördert und die Geburt erleichtern kann. Entscheidend ist, das richtige Maß zu finden und auf die Signale des Körpers zu hören.
Jede Frau sollte in Absprache mit ihren medizinischen Betreuern einen für sie passenden Trainingsplan entwickeln.
Quellen:
- Davenport et al., Physical Activity During Pregnancy: Systematic Review of Pregnancy Outcomes, British Journal of Sports Medicine, 2019.
- Bo et al., Effects of exercise on the pelvic floor during pregnancy and postpartum period, American Journal of Obstetrics and Gynecology, 2020.
- Gaston et al., The influence of maternal physical activity patterns on labor and delivery outcomes, Journal of Pregnancy, 2018.
- World Health Organization (WHO), Physical activity guidelines for adults, 2020.
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